Vienna Orme and Pesa Valley Project

Endbericht zum FWF Projekt (Abstract)

Günther Schörner

Das landschaftsarchäologische Vienna Orme and Pesa Valley Project (VOPP) untersuchte mit Hilfe eines abgestuften und stringenten methodischen Vorgehens Landnutzung und allgemein menschliche Aktivitäten in einer Micro-Region im römischen Etrurien. Folgende Themen wurden behandelt:

  • unterschiedliche Formen der Landnutzung und die damit verbundenen Prozesse,
  • das Verhältnis zwischen Stadt (das römische Empoli) und Land (Val di Pesa und Val Orme),
  • der differierende Gebrauch von materieller Kultur,
  • Probleme der Definition und Kategorisierung von Fundstellen, vor allem von Villen.

Ankerpunkt des Projektes war der ländliche Siedlungsplatz Molino San Vincenzo, der mit unter-schiedlichen Methoden erforscht wurde, so mit – wiederholten – on-site surveys, Schaufeltests, geophysikalischen Prospektionen, Phosphatanalyse sowie palynologischen und zooarchäologischen Untersuchungen, zudem Ausgrabungen und Analysen des Fundmaterials. Dank dieses interdisziplinären Ansatzes wurden wichtige neue Einsichten in das Leben und Arbeiten auf einem Bauernhof im römischen Etrurien von mittelrepublikanischer Zeit bis in die Spätantike (3. Jh. v. Chr. – 5. Jh. n. Chr.) gewonnen. VOPP konnte zudem in allgemein methodischer Hinsicht aufzeigen, wie schwierig es ist, Fundstellen zu kategorisieren und fixen Typen wie villa, villa rustica oder Bauernhof zuzuordnen. Archäobotanische Studien konnten Getreideanbau im Umfeld von Molino San Vincenzo nachweisen, aber auch Grasland bzw. Weiden. Dieses Ergebnis lässt darauf schließen, dass bereits in römischer Zeit eine entwickelte Feldgraswirtschaft betrieben wurde, so dass herkömmliche Vorstellungen römischer Landwirtschaft zu überdenken sind. Dieses neue Bild römischer Landnutzung steht im Einklang mit den Ergebnissen zooarchäologischer Analysen und off-site Surveys. Die Analyse der Funde, vor allem der Keramik, zeigte, dass Molino San Vincenzo deutlich mit dem städtischen Empoli kontrastierte: Obwohl der ländliche Fundplatz in das reichsweite Handelsnetz eingebunden und intensiv Wein exportierte, so war der Import von Waren eher gering und vor allem auf regional erzeugte Gefäße beschränkt. Andere ländliche Fundplätze zeigen freilich sehr stark differierende Fundzusammensetzungen, so dass die Dichotomie städtisch – ländlich zu simplistisch ist und stärker differenziert werden muss. Offensichtlich spielte die centuriatio eine entscheidende Rolle, wie ein Vergleich zwischen Molino San Vincenzo und Cotone belegt. Die Kombination von on-Site Surveys, Fundanalysen und geophysikalischen Untersuchungen zeigte, dass Val di Pesa und Val Orme nicht als villa landscape mit Villen als dem bestimmenden Faktor auf-zufassen sind. Zudem kann Landnutzung nicht auf Landwirtschaft eingeengt werden: Im Arbeitsgebiet von VOPP gab es Stätten unterschiedlicher Funktion – von Töpferöfen über Aufbewahrungsorte für landwirtschaftliche Güter bis hin zu Straßenstationen und großen Bauernhöfen. Der multi-methodische Ansatz von VOPP gewährte somit grundsätzliche Einsichten in die Funktionszuweisung von Fundstellen und verhilft dadurch, grundsätzliche Probleme der Fundstellencharakterisierung auf einer sichereren methodischen Basis zu diskutieren. Deshalb sind die Ergebnisse von VOPP nicht nur speziell für Nordetrurien in römischer Zeit relevant, sondern allgemein für landschaftsarchäologische Forschung.